Geschichte des Amtsgerichts Fürth im Odenwald

Wer sich die Vorderfront des Amtsgerichtsgebäudes Fürth näher betrachtet, bemerkt eine von der Gemeindeverwaltung angebrachte Tafel mit folgender Aufschrift:

„Amtsgericht erbaut 1899
von 1308-1821 gab es in Fürth ein Zehntgericht. 1821 wurde es vom Hessische Landgericht abgelöst.“

Wer sich dann näher mit der Geschichte dieses Gerichts beschäftigt, stellt fest, dass die erste Erwähnung einer Gerichtsbarkeit in Fürth tatsächlich aus dem Jahr 1308 stammt, dass aber sehr wahrscheinlich schon früher eine Gerichtsbarkeit in Fürth bestanden hat. In einem Teilungsvertrag zwischen Kurmainz und Kurpfalz vom 8.11.1308 wird nämlich erwähnt, dass die Zente in der oberen Abtei (Fürth) den Pfalzgrafen und ihren Amtsleuten, die in der niederen (Mörlenbach) dem Erzbischof und seinen Amtsleuten zustehen sollen.

Somit besteht in Fürth eine Gerichtsbarkeit nachweislich schon über 600 Jahre, wobei zur damaligen Zeit zur Zent Fürth die Ortschaften Fürth, Fahrenbach, Brombach, Kröckelbach, Krumbach, Kolmbach, Lörzenbach, Weschnitz, Alt-Lechtern, Steinbach und Hiltersklingen gehörten.

Im Jahre 1803 fiel das Oberamt Starkenburg und damit auch die Amtsvogtei Fürth durch den Reichdeputationshautschluss an Hessen-Darmstadt. 1805 wurde das Oberamt Starkenburg aufgehoben und die Amtsvogteien wurden selbständige Ämter mit der Bezeichnung „Justizamt“.

Im Jahre 1812 erfolgte eine Neugliederung. Es wurde das Amt Fürth mit den Orten der Zent Fürth gebildet. Die endgültige Aufhebung der Amtsverfassung und damit einer Trennung von Verwaltung und Justiz erfolgte mit Gesetz vom 14.07.1821. Es wurden neue Landratsbezirke geschaffen und damit deckungsgleiche Landgerichtsbezirke. Dadurch entstand das Landgericht Fürth, so dass das Gericht in Fürth das älteste Gericht im Kreis Bergstraße ist, denn Bensheim wurde erst 1902 und Lampertheim erst 1905 Sitz eines Gerichts. Das Landgericht Fürth war zuständig für den damaligen Landratsbezirk Lindenfels.

Nachdem 1826 der Bezirk des 1822 aus dem Justizamt Schönberg bei Bensheim gebildeten Landgerichts Schönberg dem Landgericht Fürth zugewiesen worden war, umfasste der Landgerichtsbezirk Fürth damals den gesamten heutigen Amtsgerichtsbezirk und dazu etliche Ortschaften, die heute zu den Amtsgerichten Bensheim und Michelstadt gehören. Eine wesentliche Verkleinerung erfuhr dieser Bezirk im Jahre 1853, als das Landgericht Wald-Michelbach neu gebildet wurde. Nach der Reichsgründung brachte das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.1.1877 eine Änderung dahin, dass die bisherigen Landgerichte aufgehoben und in Amtsgerichte umbenannt wurden.

Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges besaß Fürth ein eigenes Gerichtsgefängnis, das dann nicht mehr benutzt werden konnte, weil es in den letzten Kriegstagen durch Artilleriebeschuss beschädigt war. Es wurde im Jahre 1955 abgerissen. Die beim Abriss angefallenen Steine wurden größtenteils zum Bau einer Freilichtbühne in Heppenheim verwendet.

Seit 1879 trägt das Gericht in Fürth die Bezeichnung Amtsgericht. Eine Vergrößerung des Amtsgerichtsbezirks erfolgte im Jahre 1968, nachdem das Amtsgericht Wald-Michelbach zusammen mit zahlreichen anderen kleineren Amtsgerichten in Hessen aufgelöst und der Bezirk dem Amtsgerichtsbezirk zugeschlagen wurde. Seitdem hatte das Amtsgericht Fürth auch eine Zweigstelle in Hirschhorn, die die hessischen Orte im Neckartal betreute. Die Zweigstelle wurde im Jahre 2003 aufgelöst.

Der Amtsgerichtsbezirk umfasst heute 11 Großgemeinden. Fürth ist das südlichste Amtsgericht in Hessen. Das Amtsgerichtsgebäude wurde in den Jahren 1899 bis 1901 auf einer ehemaligen Gänsewiese von dem Baumeister Gehbauer aus Fürth errichtet. In der Zeit davor tagte das Gericht in der inzwischen abgerissenen und durch ein neues Rathaus ersetzten Bürgermeisterei, in der der Sitzungssaal im Volksmund noch bis zum Abriss „Schöffensaal“ genannt wurde. Der heutige Amtsgerichtsbezirk entspricht übrigens in etwa wieder dem Bezirk, wie er im Jahre 1821 vom Landgericht Fürth betreut wurde.

Heute arbeiten in Fürth 5 Richter mit insgesamt 30 Mitarbeitern, davon 8 Rechtspflegern, 7 Beamten des mittleren Dienstes, 10 Angestellte, 2 Wachtmeistern und 3 Gerichtsvollziehern.

Als kleinstes Amtsgericht im Landgerichtsbezirk Darmstadt hat das Gericht in Fürth vielleicht nicht mehr die Bedeutung wie früher, als es noch Blut- und Halsgericht war. Es arbeitet aber mit einer einsatzfreudigen Mannschaft bei freundschaftlichem Betriebsklima nach besten Kräften und hat trotz hoher Arbeitsbelastung bis heute alle Probleme so bewältigt, dass es sich hinter den größeren Amtsgerichten des Bezirks wohl nicht zu verstecken braucht.