Geschichte des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main

Stand Januar 2024

Frankfurt am Main hat als Gerichtsstandort eine lange Tradition. Nach fränkischen Anfängen ist ab 1189 ein Schultheiß nachgewiesen, dem der Vorsitz des königlichen Gerichts zukam, und der im 13. Jahrhundert seinen Amtssitz im Saalhof hatte. Von den umliegenden Gerichten wurde das Frankfurter Gericht häufig als Oberhof angerufen, dessen älteste urkundlich belegte Entscheidung aus dem Jahr 1225 stammt. Zwar ging dessen Bedeutung mit dem Erstarken der Territorialgerichtsbarkeit als Ausdruck der im Westfälischen Frieden von 1648 anerkannten Landeshoheit der Territorialherren zurück. Frankfurt blieb aber als Messegerichtsstandort überregional bedeutsam.

1866 verlor Frankfurt seinen Status als Freie Reichsstadt und wurde preußisch. Die Gerichtsbarkeit ging in die Zuständigkeit Preußens über, Frankfurt behielt aber den Sitz eines Appellationsgerichts. Nach Gründung des Deutschen Reiches 1871 erfolgte eine Vereinheitlichung der Gerichtsorganisation durch das Gerichtsverfassungsgesetz von 1877. Frankfurt kämpfte in diesen Jahren um den Sitz eines Oberlandesgerichts; die Bemühungen waren schließlich infolge der unentgeltlichen Bereitstellung eines für sämtliche Gerichte geeigneten Grundstücks im Herzen der Stadt erfolgreich. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1879 wurden auf preußischem Gebiet die Oberlandesgerichte Frankfurt am Main und Cassel sowie für den Bereich des Großherzogtums Hessen das Oberlandesgericht Darmstadt  errichtet.

Das Oberlandesgericht Frankfurt war seinerzeit für die Landgerichtsbezirke Frankfurt, Wiesbaden, Limburg, Neuwied und Hechingen mit insgesamt 52 Amtsgerichten zuständig; die hohenzollernschen Lande um Hechingen gehörten weiterhin zu Preußen, das dortige Landgericht unterstand dem Oberlandesgericht Frankfurt als nächstgelegenem preußischen Oberlandesgericht.

Untergebracht war das neue Oberlandesgericht zunächst provisorisch im Haus "König von England" in der Fahrgasse, 1889 bezog es den neu errichteten „Justizpalast“, heute Gerichtsgebäude A, und 1917 den „Neubau“, das heutige Gerichtsgebäude B.

    Gebäudeansicht des Gerichtsgebäudes A 1891.
    Gerichtsgebäude A 1891

    Im Laufe der Jahre änderte sich sein örtlicher Zuständigkeitsbereich. Für den entlegenen Landgerichtsbezirk Hechingen ging 1922 durch Staatsvertrag zwischen Württemberg und Preußen die gerichtliche Zuständigkeit auf das Oberlandesgericht Stuttgart über, die gerichtsorganisatorische Zuständigkeit blieb in Frankfurt. 1933 wurden die Gerichtsbezirke Preußens neu gegliedert, der Landgerichtsbezirk Neuwied wurde aufgelöst, einige Amtsgerichte gingen in die Zuständigkeit des Landgerichtsbezirks Limburg. Mit dem 1. Oktober 1944 gelangte der Landgerichtsbezirk Hanau aus der historisch gewachsenen Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Kassel in denjenigen des Oberlandesgerichts Frankfurt.

    Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Gerichte in der amerikanischen Besatzungszone durch das Militärregierungsgesetz Nr. 2 geschlossen. Nachdem im Laufe des Jahres 1945 nahezu alle bisherigen Amts- und Landgerichte wieder eröffnet worden waren, wurde auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit einem Festakt am 8. Mai 1946 „neu errichtet“, formal bestätigt mit Verordnung des Groß-Hessischen Staatsministeriums vom 23. Mai 1946. Sein Zuständigkeitsbereich umfasste nun das gesamte Gebiet des neuen Bundeslandes (Groß-)Hessen, d. h. die Landgerichtsbezirke Darmstadt, Frankfurt, Gießen, Hanau, Kassel, Limburg, Marburg und Wiesbaden. 1949 kam das aus Teilen der Landgerichtsbezirke Hanau, Kassel und Gießen neu errichtete Landgericht Fulda hinzu. An den Standorten der früher selbstständigen Oberlandesgerichte in Kassel und Darmstadt wurden auswärtige Zivilsenate und später auch Senate für Familiensachen gebildet. Heute gehören – nach zahlreichen Umstrukturierungen – 41 Amtsgerichte zum Bezirk des Oberlandesgerichts.

    Seit 1971 ist Sitz des Oberlandesgerichts Frankfurt das Gerichtsgebäude D, Zeil 42, die Senate in Kassel haben ihre Räumlichkeiten in der Frankfurter Straße 7, die Darmstädter Senate am Mathildenplatz 14. Während des Umbaus von 1999 bis 2002 war das Gericht in die ehemalige Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn in der Friedrich-Ebert-Anlage ausgelagert. Der Rückumzug erfolgte Anfang Juni 2002.

    Gebäudeansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main.
    Gebäude D, Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Zeil 42
    Das Bild zeigt den überdachten Eingangsbereich mit Blick zur Straße hin.
    Eingangsbereich Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Zeil 42, mit der Gedenktafel für Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, den Initiator des Auschwitz-Prozesses
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    Hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main bei seiner Gründung im Jahr 1878 zwölf Richterstellen (zwei Zivilsenate, ein Strafsenat), so sind es heute über 170 Richterinnen und Richter in rund 50 Senaten, die in Frankfurt am Main sowie den Außenstellen in Darmstadt und Kassel Recht sprechen. Insgesamt sind beim Oberlandesgericht gegenwärtig rund 450 Bedienstete tätig.

    Die Präsidenten des Oberlandesgerichts:

    • Walter Moehrs (1946-1948)
    • Philipp Daltrop (1950-1951) 
    • Prof. Dr. Curt Staff (1951-1969) 
    • Prof. Dr. Otto Rudolf Kissel (1970-1980) 
    • Friedrich-Carl zur Megede (1981-1987) 
    • Horst Henrichs (1987-1997) 
    • Brigitte Tilmann (1998-2006) 
    • Thomas Aumüller (2006-2012)
    • Prof. Dr. Roman Poseck (2012-2023)
    • Dr. Alexander Seitz (seit 2023)