Mehrere flache Steine am Strand zu einem kleinen Turm aufeinandergestapelt.

Nachlassgericht

Die Nachlassabteilung, auch als Nachlassgericht bezeichnet, ist die Abteilung eines Amtsgerichts, die sich mit Nachlasssachen (Erbrecht) befasst. Zuständig ist das Nachlassgericht des Ortes, an dem der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt (z. B. den letzten Wohnsitz) hatte.

Zu den Nachlasssachen gehören im Wesentlichen:

  • Die amtliche Verwahrung von „Verfügungen von Todes wegen“ (Testamente und Erbverträge)
  • Die Eröffnung von „Verfügungen von Todes wegen“ und die Benachrichtigung der Beteiligten vom Inhalt dieser Verfügungen
  • Die Erteilung von Erbscheinen (nur auf Antrag des Erben/Miterben)
  • Die Erteilung von Testamentsvollstreckerzeugnissen oder anderen Zeugnissen, die im Zusammenhang mit dem Nachweis der Rechtsnachfolge stehen
  • Die Beurkundung von Erbschaftsausschlagungen (z. B. wenn der Nachlass überschuldet ist)
  • Die Anordnung und Überwachung von Sicherungsmaßnahmen (z. B. wenn die Erben unbekannt sind)

Zu den Aufgaben des Nachlassgerichts gehören dagegen nicht:

  • Ermittlungen über die Zusammensetzung des Nachlasses/des Erbes
  • Abwicklung des Nachlasses, wie z. B. Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten (Schulden), Vermächtnissen und Pflichtteilsansprüchen
  • Teilung des Nachlasses unter mehreren Miterben
  • Rechtsberatung in Nachlassangelegenheiten

Jeder, der ein Testament eigenhändig geschrieben hat, kann es zum Nachlassgericht in die amtliche Verwahrung bringen. Mit dieser amtlichen Verwahrung ist eine Reihe von Sicherheiten verbunden:

  • Zunächst ist ausgeschlossen, dass das Testament verloren geht.
  • Darüber hinaus ist gewährleistet, dass das Testament nach Eintritt des Erbfalles auch sicher aufgefunden und eröffnet wird, selbst wenn man nach der Abgabe des Testaments an einen anderen Ort verzieht.

Testamente, die vor einem Notar errichtet wurden, müssen vom Notar ausnahmslos in die amtliche Verwahrung gegeben werden. Gleiches gilt für Erbverträge, wenn diese nicht in der Verwahrung des Notars verbleiben.

Die Rückgabe einer hinterlegten „Verfügung von Todes wegen“ kann nur an den Testator (Verfasser des Testaments oder Erbvertrags) persönlich erfolgen. Andere Personen können hierbei nicht vertreten - auch nicht in Vollmacht. Wurde die „Verfügung von Todes wegen“ gemeinsam verfasst, müssen auch beide Verfasser die Herausgabe persönlich beantragen.

Sobald das Nachlassgericht von einem Sterbefall Kenntnis erlangt, wird geprüft, ob sich eine „Verfügung von Todes wegen“ beim Nachlassgericht in der amtlichen Verwahrung befindet.

In Hessen werden durch die Ortsgerichte beispielsweise auf Grundlage der Angaben von Angehörigen sogenannte Sterbefallsanzeigen aufgenommen und bei dem Nachlassgericht eingereicht, damit dieses von dem Tod einer Person Kenntnis erlangt.

Handschriftliche Testamente, die sich nicht in der amtlichen Verwahrung befinden, müssen vom Besitzer/Finder hingegen umgehend beim Nachlassgericht abgegeben werden.

Das Nachlassgericht muss jedes Schriftstück eröffnen, welches sich inhaltlich als „Verfügungen von Todes wegen“ des Verstorbenen darstellen kann. Zur Eröffnung werden - anders als gelegentlich in Filmen dargestellt - in aller Regel die Beteiligten (z. B. die testamentarischen und gesetzlichen Erben) nicht geladen. Vielmehr eröffnet der zuständige Rechtspfleger die „Verfügung(en) von Todes wegen“ allein. Statt einer förmlichen Verkündung seines Inhalts werden die Beteiligten schriftlich informiert und bekommen u. a. eine beglaubigte Abschrift übersandt.

Bei der Eröffnung hat das Nachlassgericht noch nicht die Gültigkeit der eröffneten Verfügung zu prüfen. Dies geschieht - falls erforderlich - entweder im Rahmen des Erbscheinverfahrens oder bei generellen Zweifeln am Inhalt der Verfügung. Aus der Übersendung der beglaubigten Abschrift des Testaments oder Erbvertrags können deshalb keine sicheren Rückschlüsse auf deren Gültigkeit gezogen werden.

Benachrichtigt werden in dieser Form nicht nur die im Testament oder Erbvertrag Bedachten, sondern auch diejenigen Personen, deren gesetzliches Erbrecht durch diese Verfügung beeinträchtigt ist. Die Übersendung der beglaubigten Abschrift des Testaments oder Erbvertrags bedeutet daher nicht in jedem Fall, dass die Empfänger zum Kreise der Erben gehören.

Der Erbschein ist ein amtliches Zeugnis (öffentliche Urkunde) darüber, dass eine verstorbene Person von einer oder mehreren Person/en beerbt worden ist.

Falls keine „Verfügung von Todes wegen“ vorhanden oder diese nicht eindeutig formuliert ist, kann die Feststellung des Erbrechts nur durch Erteilung eines Erbscheins erfolgen. Dieser ist beim Nachlassgericht oder einem Notar persönlich zu beantragen.

In jedem Fall ist das persönliche Erscheinen beim Nachlassgericht oder bei einem Notar erforderlich, um die notwendigen Urkunden vorzulegen und die eidesstattliche Versicherung abzugeben. Diese Versicherung ist erforderlich, um solche Tatsachen zu versichern, die nicht mit öffentlichen Urkunden nachgewiesen werden können. Daher bedarf es der Beurkundung durch das Nachlassgericht oder durch einen Notar. Beide erheben für ihre Tätigkeit eine Gebühr. Eine Rechtsberatung kann hingegen nur durch den Notar erfolgen.

Erteilt das Nachlassgericht einen Erbschein, können sich damit die darin aufgeführten Erben als Rechtsnachfolger des Verstorbenen legitimieren.

Der Erbschein stellt hingegen nicht fest, wem einzelne Nachlassgegenstände zustehen. Dies muss im Rahmen der Nachlassteilung (siehe unten) erfolgen.

Wer die ihm zugefallene Erbschaft nicht annehmen möchte, muss sie ausdrücklich ausschlagen, anderenfalls wird er endgültig zum Erben/Miterben.

Die Ausschlagung ist nur wirksam:

  • wenn sie innerhalb der Ausschlagungsfrist von sechs Wochen bzw. 6 Monaten, wenn sich der Erbe bei Beginn der Frist im Ausland aufhält oder der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland gehabt hat, seit Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung zum Erben gegenüber dem Nachlassgericht zu dessen Niederschrift persönlich erklärt wurde oder
  • wenn die Unterschrift des Ausschlagenden auf dem an das Nachlassgericht zu richtenden Ausschlagungsschreiben durch ein hessisches Ortsgericht oder einen Notar beglaubigt wurde und dieses Schreiben innerhalb der Ausschlagungsfrist beim Nachlassgericht eingegangen ist.

Bei der Ausschlagung ist zu beachten, dass in der Regel das Erbe dem Nächstberufenen anfällt. Schlagen z. B. die Eltern oder ein Elternteil aus, sind oft die Kinder zu Erben berufen. Sollen diese ebenfalls nicht Erbe werden, müssen auch sie ausschlagen. Bei minderjährigen Kindern muss die Ausschlagung durch ihre gesetzlichen Vertreter (z. B. die Eltern) erfolgen.

Mehrere Erben eines Verstorbenen bilden eine Erbengemeinschaft. Sie können bis zur Teilung des Erbes nur gemeinschaftlich über den Nachlass verfügen. Die Nachlassteilung kann jeder Erbe verlangen, wenn diese nicht durch eine „Verfügung von Todes wegen“ des Verstorbenen (Erblassers) untersagt oder durch Vereinbarung der Erben ausgeschlossen ist.

Eine notarielle Beurkundung des Erbteilungsvertrages ist erforderlich, wenn zum Nachlass Grundeigentum gehört.

Die Berichtigung des Grundbuchs - zu der die Erben verpflichtet sind - erfolgt durch Eintragung des Erben bzw. der Erbengemeinschaft in das Grundbuch und ist gebührenfrei, wenn sie innerhalb einer Frist von zwei Jahren seit dem Tod des Erblassers beantragt wird. Der Antrag ist schriftlich an das Grundbuchamt zu richten.

Nicht alle in einer „Verfügung von Todes wegen“ Bedachten sind „Erbe“ im Sinne des Gesetzes. Eine Person kann auch, wenn nur ein bestimmter Gegenstand oder ein Geldbetrag zugewendet wurde, ein „Vermächtnisnehmer“ sein. Im Gegensatz hierzu ist dieser nicht Miteigentümer am Nachlass. Er hat nur einen Anspruch darauf, dass der Erbe ihm das Eigentum an dem vermachten Gegenstand überträgt bzw. die vermachte Summe auszahlt.

Sind der überlebende Ehegatte/Lebenspartner und/oder die Abkömmlinge (z. B. die Kinder) des Verstorbenen in der „Verfügung von Todes wegen“ nicht oder nur unzureichend bedacht worden, steht ihnen der sogenannte Pflichtteil zu. Wenn der Verstorbene keine Abkömmlinge hinterlässt, sind auch die Eltern des Verstorbenen pflichtteilsberechtigt. Der Pflichtteilsberechtigte ist nicht Erbe und daher nicht Miteigentümer am Nachlass. Er kann nur von dem Erben die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils verlangen. Der Anspruch verjährt, wenn der Berechtigte diesen nicht innerhalb von drei Jahren nach Kenntnis vom Inhalt der „Verfügung von Todes wegen“ gegen die Erben geltend macht. Die Geltendmachung erfolgt nicht gegenüber dem Nachlassgericht, sondern unmittelbar gegenüber den Erben.