Das Amtsgericht Groß-Gerau ist ein seit 1821 bestehendes Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit mit Sitz in der Stadt Groß-Gerau.
Gerichtssitz und –bezirk
Der Sitz des Gerichtes befindet sich seit 1987 am Europaring 11-13 in 64521 Groß-Gerau. Zuvor befand er sich in der Darmstädter Str. 31 (1879 -1987) mit Nebenstellen in der Oppenheimer Straße 4 (1964 - 1987), dem Nauheimer Weg 15 (1977 - 1987) und der Walther-Rathenau-Str. 8 (1981 - 1987). Der Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Groß-Gerau umfasst die Städte und Gemeinden Biebesheim, Bischofsheim, Büttelborn, Gernsheim, Ginsheim-Gustavsburg, Groß-Gerau, Mörfelden-Walldorf, Nauheim, Riedstadt, Stockstadt am Rhein und Trebur.
Zuständigkeit
Das Amtsgericht Groß-Gerau ist die erste Instanz in Zivil-, Familien- und Strafsachen für den eigenen Gerichtsbezirk. Darüber hinaus ist es zuständig als Jugendschöffen- und Schöffengericht für den eigenen Bezirk und den Amtsgerichtsbezirk Rüsselsheim. Nicht zuständig ist das AG Groß-Gerau für Handels-, Genossenschafts- und Vereinsregistersachen sowie Insolvenzsachen. Hierfür ist das Amtsgericht Darmstadt zuständig. Für Mahnverfahren ist es ebenfalls nicht zuständig, in diesem Fall liegt für ganz Hessen die Zuständigkeit beim Amtsgericht Hünfeld.
Historie
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Starkenburg wurde das „Hofgericht Darmstadt“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfalle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übergingen. „Landgericht Großgerau“ war daher von 1821 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht in Groß-Gerau, das heutige Amtsgericht. In den standesherrlichen Gebieten der Provinz Starkenburg bestanden weiterhin die Justizkanzlei in Michelstadt für Gerichtsfälle zweiter Instanz, die dem Hofgericht nachgeordnet war. Das Deutsche Gerichtsverfassungsgesetz von 1879 führte zu einer einheitlichen Gerichtsorganisation im ganzen Reich. Das „Hofgericht Darmstadt“ wurde nun als „Landgericht Darmstadt“ zur übergeordneten Zweiten Instanz in der Provinz, während die Gerichte erster Instanz in Amtsgericht umbenannt wurden.
Im Zuge der durch Verordnung vom 14. Juli 1821[1] erfolgten Auflösung der Justiz- und Verwaltungsämter im Großherzogtum Hessen entstand für die Verwaltung der Landratsbezirk Dornberg und für die Rechtsprechung das Landgericht Großgerau, dessen Sprengel aus den zum Landratsbezirk Dornberg gehörigen Ämtern und Orten, nämlich
- dem Amt Dornberg mit Berkach, Biebesheim, Büttelborn, Crumstadt, Dornberg, Dornheim, Erfelden, Goddelau, Leeheim, Stockstadt und Wolfskehlen,
- dem Amt Rüsselsheim mit Astheim, Bauschheim, Bischofsheim, Großgerau, Haßloch, Kleingerau, Königstädten, Raunheim, Rüsselsheim, Trebur, Wallerstädten und Worfelden,
- dem Ort Griesheim aus dem Amt Pfungstadt sowie den Orten Ginsheim und Nauheim aus dem Amt Kelsterbach
gebildet wurde. Nur wenig später kam dann noch der Ort Geinsheim[2] dazu.
Als am 16. Dezember 1839 ein neues Landgericht zu Gernsheim errichtet wurde, mussten die Orte Biebesheim, Crumstadt und Stockstadt an den Sprengel eben jenes Gerichts abgegeben werden.[3] Infolge der am 1. Juni 1853[4] in Kraft getretenen Neuordnung der Gerichtsbezirke in der Provinz Starkenburg wurde ebenso die Gemeinde Griesheim an das Landgericht Darmstadt abgetreten.[5]
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes am 1. Oktober 1879 im Deutschen Reich erfolgte die Umbenennung in Amtsgericht Groß-Gerau und die Zuteilung zum Bezirk des neu geschaffenen Landgerichts Darmstadt.[6] Mit Wirkung vom 1. Januar 1883 wurden die Gemarkungen Mörfelden und Walldorf vom Amtsgerichtsbezirk Langen abgetrennt und dem Amtsgerichtsbezirk Groß-Gerau zugeteilt.[7] Zum 1. April 1931 wurden die Orte Bischofsheim und Ginsheim-Gustavsburg nach ihrer Eingemeindung nach Mainz dem Amtsgericht Mainz zugewiesen.[8] Dagegen konnte der Sprengel des Groß-Gerauer Gerichts durch die Auflösung des Amtsgerichts Gernsheim am 1. Oktober 1934 um die Gemeinden Gernsheim, Biebesheim, Crumstadt, Klein-Rohrheim und Stockstadt erweitert werden.[9] Die aus Teilen von Gernsheim, Crumstadt, Pfungstadt und Hähnlein am 31. Oktober 1937[10] neu gebildete Gemeinde Allmendfeld wurde am 1. Oktober 1938 dem Amtsgericht Groß-Gerau zugelegt[11].
Dem Amtsgericht Groß-Gerau wurden 1945 die vom Amtsgericht Mainz abgetrennten Orte Bischofsheim und Ginsheim-Gustavsburg wieder zugeteilt. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1956 wurde für die Gemeinden Raunheim und Rüsselsheim die Zweigstelle Rüsselsheim des Amtsgerichts Groß-Gerau geschaffen[12], welche zum 1. Juni 1976 in ein Vollgericht umgewandelt wurde[13][14].
Übergeordnete Gerichte
Dem Amtsgericht Groß-Gerau übergeordnet ist das Landgericht Darmstadt. Im weiteren Instanzenzug ist das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof übergeordnet.