Im Zusammenhang mit der Neuorganisation der Gerichte wurde auch eine neue Amtstracht eingeführt.
Durch § 89 AG GVG wurde festgelegt, dass Richter, Staatsanwälte und Gerichtsschreiber in öffentlicher Sitzung eine vom Justizminister zu bestimmende Amtstracht tragen sollten. Aufgrund dieser Vorschrift wurde in Preußen die zu tragende Amtstracht in der Allgemeinverfügung des Justizministers vom 12. Juli 1879 (JMBl. S. 172 u. 204) im einzelnen näher beschrieben.
Während die Richter bislang einen "schwarzen Leibrock" (d.h. einen Frack) und "angemessene Unterkleider" und die unteren Justizbeamten eine Uniform getragen hatten (gemäß der Rundverfügung vom 25.04.1849, die eine Übergangslösung aufgrund der Verordnung vom 2. und 3. Januar 1849 darstellte), war die neue Amtstracht nunmehr wie folgt beschaffen:
„Die Amtstracht der Richter, Staatsanwälte, Gerichtsschreiber und Rechtsanwälte soll aus einem schwarzen Gewande, weißer Halsbinde und schwarzem Baret bestehen.
Das bis über die Mitte des Unterschenkels herabreichende faltenreiche, mit weiten offenen Aermeln versehene und vor der Brust zu schließende Gewand wird aus Wollstoff gefertigt. Um den Hals läuft ein 16 Zentimeter breiter Besatz in Form eines flach anliegenden Ueberschlagkragens, welcher sich an den Vorderseiten des Gewandes bis zum Rande desselben in 11 Zentimeter Breite fortsetzt. Die Aermel zeigen am unteren Rande einen Besatz von 8 Zentimeter Breite. Der Besatz ist für die Richter und Staatsanwälte von schwarzen Sammet, für die Rechtsanwälte von schwarzer Seide. Das Amtsgewand der Gerichtsschreiber hat einen schmalen Umschlagkragen und ist ohne Besatz.
Das Baret besteht aus einem rund geschnittenen und leicht gefalteten Kopftheile von schwarzen Wollstoff, um welchen sich ein nur am unteren Theile befestigter, oben aber frei abstehender und an beiden Kopfseiten mit einem dreieckigen Einschnitt versehender steifer Rand von 8 Zentimeter Breite herumlegt. Die Bekleidung des Randes ist für die Richter und Staatsanwälte: schwarzer Sammet; für die Rechtsanwälte: schwarze Seide; für die Gerichtsschreiber: schwarzer Wollstoff. Das Baret ist ferner an dem oberen Theile des Randes rundumlaufend garnirt:
a) für die Präsidenten der Oberlandesgerichte: mit zwei goldenen Schnüren (Bordage) von zwei Millimeter Breite
b) für die Senatspräsidenten der Oberlandesgerichte und die Oberstaatsanwälte: mit einer goldenen Schnur von derselben Breite
c) für die Präsidenten der Landgerichte: mit zwei silbernen Schnüren von derselben Breite
d) für die Direktoren und die Ersten Staatsanwälte bei den Landgerichten mit einer silbernen Schnur von derselben Breite“
Zur Frage, wann das Baret aufzusetzen war, wurde in der genannten Verfügung des Justizministers festgelegt: "Ein Staatsanwalt oder Rechtsanwalt, welcher das Wort ergreifen will, hat das Baret aufzusetzen, kann dasselbe während des Vortrags jedoch wieder ablegen. Während einer Eidesleistung oder Urtheilsverkündung ist von den an der Verhandlung Betheiligten stets das Baret zu tragen."
Zur Veranschaulichung des Schnitts der Amtstracht wurden den Gerichtsbehörden Zeichnungen übersandt. Nach zeitgenössischen Zeitungsberichten machte die Richterrobe, die in Wiesbaden zum Zwecke der Eröffnung des Landgerichts zum ersten Male angelegt wurde und von der damit erstmals auch die Öffentlichkeit Notiz nahm, "einen imponierenden Eindruck" (so berichtet im Wiesbadener Tagblatt vom 02.10.1879). Dies galt offenbar weniger von den Uniformen der unteren Justizbeamten. Denn alsbald wurde in einer Eingabe um Änderung der betreffenden Vorschriften gebeten, da die Uniform des Öfteren zu Verwechslungen mit Offiziersburschen und Hoteldienern geführt habe.
In späterer Zeit ist die Amtstracht wiederholt Gegenstand ministerieller Anweisung und Regelungen gewesen. Es würde zu weit führen, auf sämtliche Erlasse in allen Einzelheiten einzugehen. Es sei nur darauf hingewiesen, dass die Frage und die Beschaffenheit der Amtstracht durch die Allgemeinverfügung des Reichsjustizministers vom 26.06.1936 von Grund auf neu geregelt wurde. Nach dem 2. Weltkrieg wurden für die hessischen Richter neue Amtstrachtbestimmungen erlassen. Diese führten zur Abschaffung der Bordagen und schließlich auch zu der des Barets. Die Robe selbst blieb bislang seit ihrer Einführung erhalten. Sie hat sich gerade in jüngster Zeit wieder gegen eine nicht unbeachtliche Strömung durchgesetzt, die ihre Abschaffung verlangte.