Unter Auslandsehesachen versteht man insbesondere die Verfahren zur Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses nach § 1309 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) und die Verfahren nach § 107 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen, unter anderem ausländischer Scheidungen.
Befreiung vom „Ehefähigkeitszeugnis“ (§ 1309 BGB)
Nach der gesetzlichen Regelung gem. § 1309 Abs. 1 BGB muss ein ausländischer Staatsangehöriger, der in der Bundesrepublik Deutschland heiraten möchte, ein Ehefähigkeitszeugnis seines Heimatlandes vorlegen. In diesem Ehefähigkeitszeugnis wird bestätigt, dass nach dem Recht dieses Staates kein Ehehindernis besteht.
Einige Länder stellen keine oder nur unvollständige Ehefähigkeitszeugnisse aus, sodass es der Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses gem. § 1309 Abs. 2 BGB bedarf. In diesem Verfahren wird geprüft, ob der beabsichtigten Eheschließung nach Heimatrecht ein Ehehindernis entgegensteht oder eine sachliche Ehevoraussetzung fehlt (Vermeidung von unwirksamen Eheschließungen oder Doppelehen im In- oder Ausland). Weiterhin bedarf es bei Vorehen deren Feststellung der wirksamen Auflösung. Die Voraussetzungen im Befreiungsverfahren sind je nach Heimatstaat verschieden.
Der erforderliche Befreiungsantrag kann nur über das hessische Standesamt, bei dem die Eheschließung angemeldet worden ist, beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main eingereicht werden. Hinsichtlich der für jedes Land vorzulegenden Nachweise orientiert sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main an dem
Länderverzeichnis des Oberlandesgerichts KölnÖffnet sich in einem neuen Fenster. Eventuelle Abweichungen werden den hessischen Standesämtern in regelmäßigen Abständen gesondert mitgeteilt.
Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen (§ 107 FamFG)
Allgemeines
Ausländische Entscheidungen, die die Auflösung einer Ehe bzw. das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe betreffen, bedürfen zur Wirksamkeit in der Bundesrepublik Deutschland nach § 107 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) grundsätzlich der Überprüfung und förmlichen Anerkennung durch die zuständige Landesjustizverwaltung. Betroffen sind ausländische Scheidungsurteile, aber ebenso vergleichbare Entscheidungen von (beispielsweise russischen) Verwaltungsbehörden oder sogenannte „Privatscheidungen“. Als Privatscheidung werden solche Scheidungen bezeichnet, die nicht durch staatlichen Hoheitsakt erfolgen. Hierunter fallen zum Beispiel Scheidungen religiöser Instanzen, wie auch Scheidungen durch einseitiges oder zweiseitiges Rechtsgeschäft (beispielsweise Scheidungen vor Rabbinatsgerichten in Israel, Verstoßungen nach islamischem Recht oder Scheidungen vor thailändischen Standesämtern).
Ein förmliches Anerkennungsverfahren ist entbehrlich, wenn eine Ehe durch ein Gericht oder eine Behörde des Staates aufgelöst wurde, dem beide Ehegatten ausschließlich angehört haben (sog. „Heimatstaatenentscheidung“). Diese Ausnahme gilt auch bei Privatscheidungen.
Ein förmliches Anerkennungsverfahren ist außerdem nicht durchzuführen für Entscheidungen in Ehesachen aus den Mitgliedstatten der Europäischen Union - mit Ausnahme von Dänemark -, wenn das Verfahren nach dem 1. März 2001 bzw. nach dem zu einem späteren Zeitpunkt erfolgten Beitritt des Mitgliedstaates eingeleitet wurde. Auf die Staatsangehörigkeit der Beteiligten kommt es dabei nicht an. Sonderregelungen gelten für britische Scheidungen.
Erst mit der Anerkennungsfeststellung entfaltet die ausländische Entscheidung auch für den deutschen Rechtsbereich Wirkung und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt der ausländischen Entscheidung. Die Anerkennung erstreckt sich ausschließlich auf die Lösung des Ehebandes, nicht auf etwaige weitere Entscheidungen zu den Folgen der Ehescheidung (z. B. die Regelung der elterlichen Sorge oder des Besuchsrechts bei Kindern aus der Ehe, der Unterhaltsansprüche oder der Vermögensauseinandersetzung). Besteht insoweit ein Streit oder ein weiterer Regelungsbedarf, sind die Familiengerichte zuständig.
Zuständigkeit
Dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main obliegt die Zuständigkeit für die Anerkennungsentscheidung, wenn ein Ehegatte im Zeitpunkt des Antragseingangs seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Hessen hat oder wenn kein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und in Hessen eine neue Ehe geschlossen oder Lebenspartnerschaft begründet werden soll.
Antrag
Die Anerkennung erfolgt auf Antrag. Antragsberechtigt ist jeder, der ein rechtliches Interesse an der Anerkennung glaubhaft macht, insbesondere die betroffenen Ehegatten. Das unten eingestellte Antragsformular muss ausgefüllt und eigenhändig unterschrieben eingereicht werden. Der Antrag ist an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zu richten.
Notwendige Unterlagen
Dem vollständig ausgefüllten und unterschriebenen Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen, wobei im Einzelfall weitere Unterlagen erforderlich sein können:
- vollständige Ausfertigung oder vom Gericht des Entscheidungsstaates erteilte beglaubigte Abschrift der ausländischen Entscheidung mit Rechtskraftvermerk und mit Tatbestand und Entscheidungsgründen im Original
Sofern die Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift keinen Rechtskraftvermerk enthält, ist die Rechtskraft auf andere Weise nachzuweisen, z. B. durch eine Bescheinigung des Gerichts, dass gegen die Entscheidung kein Rechtsmittel mehr zulässig ist oder durch Nachweis über die Eintragung im ausländischen Personenstandsregister - Scheidungsurkunde bzw. Registereintragung im Original aus Ländern, in denen zur Wirksamkeit der Scheidung die Registrierung erforderlich ist
- Heiratsurkunde, Familienbuch(auszug) oder Heiratsregisterauszug zu der Ehe, auf die sich die ausländische Entscheidung bezieht, im Original
Sofern das Original nicht vorgelegt bzw. beschafft werden kann, sind die Gründe anzugeben - Nachweis der Personenidentität und Staatsangehörigkeit sowie evtl. weiterer Rechtsstellungen
(z. B. anerkannte Asylberechtigung, anerkannte Flüchtlingseigenschaft, Anerkennung als Spätaussiedler, etc.) der antragstellenden Person und - nach Möglichkeit auch - die des anderen Ehegatten in den unter Nr. 1 des Antragsformulars genannten Zeitpunkten, z. B. durch Vorlage von Kopien des ausländischen Passes, Personalausweises, Bescheides über die Anerkennung als asylberechtigte Person, Bescheides über die Anerkennung als Flüchtling, Spätaussiedler- oder Flüchtlingsausweises, Reisepasses, der Aufenthaltsgestattung, usw., soweit sich dies nicht aus der Entscheidung ergibt - Erweiterte Meldebescheinigung der antragstellenden Person
- Nachweis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der antragstellenden Person
(z. B. Verdienstbescheinigung)
Allen fremdsprachigen Urkunden muss eine - von einem in Deutschland anerkannten Übersetzer angefertigte und mit dem Vermerk der Richtigkeit versehene - Übersetzung beigefügt werden.
Ausländische Unterlagen bedürfen zur Verwendung in Deutschland in der Regel der Überbeglaubigung (siehe unter "Gerichtsprozesse / Verfahren" den Abschnitt „Apostille“ oder „Legalisation“). Nähere Informationen finden Sie auf den Internetseiten des Auswärtigen AmtesÖffnet sich in einem neuen Fenster.
Nach Abschluss des Verfahrens werden die Originaldokumente an die antragstellende Person zurückgesandt.
Gebühren
Das Anerkennungsverfahren ist gebührenpflichtig. Die Gebühr beträgt mindestens 15,-- € und höchstens 305,-- €. Sie ist unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten, des Verwaltungsaufwandes der Behörde in dem Einzelfall und der wirtschaftlichen Verhältnisse der antragstellenden Person festzusetzen. Eine Gebühr kann auch auferlegt werden, wenn der Antrag abgelehnt oder zurückgenommen wird. Die Bearbeitung der Angelegenheit wird regelmäßig von der Einzahlung eines Gebührenvorschusses abhängig gemacht. Die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe ist im Anerkennungsverfahren nicht möglich.
Verfahrensablauf
Über den Antrag wird im schriftlichen Verfahren entschieden. Um eine zügige und kontinuierliche Bearbeitung aller eingehenden Anträge zu gewährleisten, sollte von telefonischen Sachstandsanfragen abgesehen werden. Die Bearbeitungsdauer der Anträge beträgt in der Regel 16-20 Wochen, wobei die Verfahrensdauer wesentlich davon abhängt, ob alle für die Prüfung des Antrags erforderlichen Angaben gemacht, die notwendigen Unterlagen vollständig und formgerecht eingereicht und der Gebührenvorschuss beglichen worden ist. Dem früheren Ehegatten, der den Antrag nicht gestellt hat, muss grundsätzlich vor der Entscheidung schriftlich rechtliches Gehör gewährt werden. In dem Antrag ist daher die aktuelle und vollständige zustellungsfähige Anschrift des früheren Ehegatten anzugeben. Bei Anhörungen des früheren Ehegatten mit Wohnsitz im Ausland muss mit einer längeren Verfahrensdauer gerechnet werden, die sich aus den verlängerten Postlaufzeiten für die Zustellung des Anhörungsschreibens ins Ausland ergibt. Auch Rückbriefe oder Rückantworten der anzuhörenden Personen können zu einer Verzögerung des Verfahrens führen.
Nichtanerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen (§ 107 FamFG)
Vorstehende Erläuterungen gelten sinngemäß für Verfahren auf Nichtanerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen.