Das für die Stadt und den Landkreis zuständige Untergericht, das zunächst die Bezeichnung "Kurfürstliches Landgericht" führte, wurde 1821 im "Deutschen Haus", dem ehemaligen Komtureigebäude des Deutschen Ordens nördlich der Elisabethkirche, untergebracht.
Am 1. Juli 1850, dem Tag der Aufhebung des Landgerichts und der Aufteilung seines Bezirks auf die Marburger Justizämter, gingen die Geschäftsräume des bisherigen Landgerichts im "Deutschen Haus" auf die Justizämter über. Dieser Zustand dauerte aber nur drei Jahre an. Dann mussten die Justizämter ihre Geschäftsräume im "Deutschen Haus" der Universität überlassen. Zu einer räumlichen Trennung der Ämter kam es damit aber nicht. Sie wurden wiederum gemeinsam in ein Haus eingewiesen, und zwar ebenfalls in ein geschichtsträchtiges Gebäude Alt-Marburgs, in das Probsteigebäude im Kugelhof.
Am 30. September 1853 übergab der Landbaumeister Hunath dem mit der Hausverwaltung betrauten Leiter des Justizamtes II, Amtmann Scheuch, das Gesamtgebäude einschließlich der darin vorgesehenen Gefängniszellen; dem Leiter des Justizamtes I, Landrichter Dr. Wagner, den für seine Behörde bestimmten Teil des Hauses und dem Gefangenenwärter Scheldt dessen Dienstwohnung. Nach der Eingliederung Kurhessens in das Königreich Preußen wurde das Probsteigebäude der Sitz des Amtsgerichts, das am 1. September 1867 mit dem Bezirk und den Aufgaben der Marburger Justizämter auch deren Amtsräume übernahm. Zu Beginn des Jahres 1891 entschloss sich die preußische Justizverwaltung, in Marburg ein neues Amtsgerichtsgbäude zu errichten. Als Standort für das neue Gerichtsgebäude und für das in die Planung einbezogene neue Gerichtsgefängnis wurde das Gelände zwischen der Universitätsstraße und der Wilhelmstraße gewählt. Der von der Baubehörde vorgesehene Umzugstermin konnte in etwa eingehalten werden. Am 09. April 1894 wurde mit dem Umzug begonnen. Am 19. April wurde das Probsteigebäude dem Kurator der Universität, dem Geheimen Oberregierungsrat Steinmetz.
Zusätzliche Diensträume, die in den Nachkriegsjahren durch Umbaumaßnahmen im Inneren des Gebäudes geschaffen wurden, erwiesen sich als unzulänglich. Die wiederholt erwogenen Pläne, das Haus durch einen Anbau zu erweitern, wurden nicht mehr weiter verfolgt, als feststand, dass für alle Marburger Justizbehörden ein einheitlicher Neubau errichtet werden sollte. Raumnot herrschte nicht nur im Marburger Amtsgerichtsgebäude, sondern auch in der alten "Landgräflichen Kanzlei", in der seit sieben Jahrzehnten das Marburger Landgericht und die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hatten.
Anfang des Jahres 1953 kam ein der Deutschen Bundespost gehörendes rund 10.000 m² großes Grundstück in der Universitätsstraße als Bauplatz für ein Justizgebäude ins Gespräch.
Im Laufe langwieriger Verhandlungen erklärte sich die Postverwaltung bereit, dem Lande Hessen dieses Grundstück im Tauschweg zu überlassen, wenn ihr dafür ein gleichwertiges Areal an anderer Stelle zur Verfügung gestellt würde.
Am 8. Oktober 1953 wurden die Verträge beurkundet, wobei die Postverwaltung sich vorbehielt, in dem zu errichtenden Justizgebäude etwa 200 m² zur Errichtung eines Zweigpostamtes zu mieten.
Auf Grund einer Entscheidung des Hessischen Ministers der Finanzen vom 15. März 1956 ging die Verwaltung des Grundstücks Universitätsstraße 48 auf die Justizbehörde über. Das auf diesem Grundstück stehende Gebäude, die "Bücking´sche Villa", ein ehedem herrschaftliches Haus, das aber baufällig war und nur noch Spuren ehemaliger Schönheit zeigte, war zu diesem Zeitpunkt noch von Postbediensteten bewohnt, das parkartige Grundstück an Kleingärtner verpachtet.
Mit Beginn des Jahres 1957 konnte die Zivilabteilung des Amtsgerichts bestehend aus zwei Richtern, zwei Rechtspflegern, der Geschäftsstelle und der Kanzlei, sowie auch die Bauleitung ihren Einzug in der "Bücking´schen Villa" halten.
Da es sich bei dem geplanten Bau um den ersten Neubau eines Land- und Amtsgerichtes in Hessen nach dem zweiten Weltkrieg handelte, dauerte es bis zum 04. April1957 bis ein Endentwurf vorlag.
Am 09. Mai 1958 fand in Gegenwart zahlreicher Ehrengäste die Grundsteinlegung statt.
Am 30. Oktober 1958 konnte das Richtfest begangen werden.
Im Frühjahr 1961 war es soweit: Der Einzug konnte beginnen. Er wurde während des Monats April in Etappen durchgeführt und im Mai 1961 beendet. Jetzt konnte die "Bücking´sche Villa", die bis zuletzt der Bauleitung und für die provisorische Unterbringung der Zivilabteilung des Amtsgerichts, des Bewährungshelfers und des Justizwachtmeisters gute Dienste geleistet hatte, abgerissen werden.
Am 16. Juni 1961 wurde das gesamte Gebäude in einem würdigen Festakt im neuen Schwurgerichtssaal feierlich seiner Bestimmung übergeben.
(Auszüge aus der 2. Auflage des Buches "Die Gerichtsorganisation des Raumes Marburg im
19. und 20. Jahrhundert" des ehemaligen Landgerichtspräsidenten Otfried Keller).
Die Direktoren des AG Marburg von 1951 bis heute:
Zeitraum | Direktor |
---|---|
01.12.1951 - 01.01.1961 | Werner Massengeil |
01.03.1961 - 01.10.1964 | Dr. Otto Rühl |
01.10.1964 - 01.01.1974 | Dr. Günther Mewes |
seit 1976 - 01.10.1985 | Helmut Schemel |
01.04.1986 - 30.09.2004 | Dr. Gerhard Schmidt |
01.12.2004 - 31.10.2008 | Dr. Hansjürgen Hausmann |
01.11.2008 - 30.04.2017 | Cai Adrian Boesken |
29.06.2018 - heute | Wolfgang Petri |