Der Präsident des Landgerichts Dr. Wilhelm Wolf erklärte: „Ich freue mich außerordentlich über den Besuch von Frau Generalkonsulin Lador-Fresher heute am Landgericht Frankfurt. Er dokumentiert, wie aufmerksam und interessiert der Umgang der deutschen Justiz mit ihrer eigenen Geschichte und Verantwortung wahrgenommen wird. Der Besuch erfolgt zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der Beginn des ersten Auschwitzprozesses vor dem Landgericht Frankfurt in wenigen Tagen zum 60. Mal jährt. Heute daran zu erinnern, erscheint leider auch aus aktuellem Anlass mehr als naheliegend: Wo zeigt sich deutlicher als in den Akten und Aufzeichnungen dieses Jahrhundertprozesses, welche mörderischen Folgen der menschenverachtende Antisemitismus zeitigen kann, wenn man ihm nicht frühzeitig, entschlossen und mit aller Macht der staatlichen Institutionen entgegentritt? Der Namensgeber unseres Saales – Fritz Bauer – steht aber auch für das, was Recht und Justiz vermögen, wenn sie beharrlich, konsequent und mit persönlichem Einsatz ihre Aufgaben erfüllen. Das mag Hoffnung geben und zugleich Warnung und Mahnung in Richtung antisemitischer Gewalttäter sein, denen wir mit den Mitteln des rechtsstaatlichen Strafrechts in aller Entschlossenheit begegnen müssen.“
Frau Generalkonsulin Talya Lador-Fresher erklärte: „Fritz Bauers Beitrag zu unserem Verständnis über das NS-Regime und die NS-Zeit ist kaum zu übertreffen. Er hat fast alleine gekämpft, um der deutschen Bevölkerung und Elite die Augen zu öffnen. Ohne seinen Einsatz hätte Israel Adolf Eichmann nicht in Argentinien gefasst und den Prozess gegen ihn führen können. Ohne seinen Einsatz hätte kein Auschwitz-Prozess in Deutschland stattgefunden. Fritz Bauer hat gezeigt, dass es Antisemitismus in verschiedenen Schichten der deutschen Gesellschaft gibt. Nach dem 07. Oktober mussten wir feststellen, dass es immer noch so ist. Daher ist es wichtig für mich, den Fritz-Bauer-Saal im Landgericht Frankfurt zu besuchen und ich danke dem Präsidenten Dr. Wilhelm Wolf für den Empfang und die Möglichkeit, das ehemalige Büro Fritz Bauers zu besichtigen.“
Der Fritz-Bauer-Saal ist das im Gebäude B des Landgerichts Frankfurt am Main befindliche frühere Dienstzimmer des ehemaligen hessischen Generalstaatsanwalts Dr. Fritz Bauer. Der Saal wurde im Jahr 2017 in Zusammenarbeit mit dem Fritz-Bauer-Institut als zeitgeschichtliche Stätte umgestaltet und feierlich eingeweiht. In diesem an zentraler Stelle des Gerichtsgebäudes liegenden Raum wird an Fritz Bauer erinnert und sein Wirken gewürdigt.
Fritz Bauer war die treibende Kraft hinter dem Auschwitz-Prozess. Das Verfahren gegen „Mulka u.a.“ begann vor 60 Jahren, im Dezember 1963, am Landgericht Frankfurt. Es richtete sich gegen 22 Angeklagte und erstreckte sich über 183 Verhandlungstage. Dieser Prozess markiert eine Zäsur in der strafrechtlichen Aufarbeitung des Holocaust. Mit ihm setzte ein Wandel im Umgang der deutschen Gesellschaft mit ihrer jüngsten Vergangenheit und den Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein, die in den Jahren 1933 bis 1945 millionenfach verübt wurden.