In einem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main klagt ein Hersteller u.a. von Mobilfunkgeräten mit Niederlassung in Deutschland gegen ein in der Volksrepublik China ansässiges Unternehmen. Die chinesische Beklagte ist Inhaberin von Patenten, die für mehrere Mobilfunkstandards essentiell sind. Sie hat sich dazu verpflichtet, Lizenzen für diese Patente zu fairen Bedingungen zu erteilen. Die Klägerin möchte mit ihrer Klage erreichen, dass die chinesische Beklagte ihr Mobilfunklizenzen zu bestimmten Konditionen gewährt.
Zur Durchführung des Verfahrens bedarf es zunächst der förmlichen Zustellung der Klageschrift. Grundsätzlich wäre die Zustellung im Wege der Rechtshilfe unter Beteiligung chinesischer Stellen am Sitz der Beklagten in der Volksrepublik China vorzunehmen. In Ausnahmefällen kann nach der Zivilprozessordnung jedoch davon abgesehen werden und das Gericht eine öffentliche Zustellung anordnen, etwa wenn die Zustellung im Ausland keinen Erfolg verspricht. Das hat das Landgericht Frankfurt am Main im vorliegenden Fall für die Zustellung in der Volksrepublik China angenommen. Es hat eine öffentliche Zustellung bewilligt.
In ihrem Beschluss vom 15.01.2025 führt die für Kartell- und Patentsachen zuständige 6. Zivilkammer aus: „Das Gebot eines wirkungsvollen Rechtsschutzes erfordert, dass dieser in angemessener Zeit zu erlangen ist. Keinen Erfolg verspricht die Zustellung daher, wenn die Durchführung einen derart langen Zeitraum in Anspruch nehmen würde, dass ein Zuwarten der betreibenden Partei billigerweise nicht zugemutet werden kann. (…) Für die Entscheidung der Frage, ob die Dauer einer Zustellung im Wege der Rechtshilfe nicht mehr zumutbar ist, bedarf es einer Abwägung der beiderseitigen Interessen.“
Die Richterinnen und Richter haben weiter festgestellt: „Die Klägerin hat dargelegt, dass die Auslandszustellung in der Volksrepublik China nicht stets gelingt und auch dann einen Zeitraum von deutlich mehr als einem Jahr in Anspruch nimmt. Nach der Erfahrung anderer deutscher Gerichte, die sich mit der Erfahrung der Kammer deckt, nimmt die Zustellung in der Volksrepublik China einen erheblichen Zeitraum in Anspruch. Bei dieser Sachlage überwiegen die Interessen der Klägerin auf effektiven Rechtsschutz die Interessen der Beklagten im Hinblick auf die Gefährdung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör.“ Die Kammer hat der Klägerin allerdings aufgegeben, die Beklagte auf nicht-förmlichem Weg zu informieren, dass hier in Deutschland die öffentliche Zustellung der Klage erfolgt.
Der Beschluss vom 15.01.2025 (Aktenzeichen 2-06 O 426/24) wird in Kürze unter www.lareda.hessenrecht.hessen.deÖffnet sich in einem neuen Fenster abrufbar sein.
Erläuterungen
§ 185 der Zivilprozessordnung lautet auszugsweise:
Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, wenn
- (…)
- (…)
- eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht
(…)
§ 186 der Zivilprozessordnung lautet auszugsweise:
(…)
(2) Die öffentliche Zustellung erfolgt durch Aushang einer Benachrichtigung an der Gerichtstafel (…). Die Benachrichtigung muss erkennen lassen
- die Person, für die zugestellt wird,
- den Namen und die letzte Anschrift des Zustellungsadressaten,
- das Datum, das Aktenzeichen des Schriftstücks und die Bezeichnung des Prozessgegenstandes sowie
- die Stelle, wo das Schriftstück eingesehen werden kann. (…)