Mit Beschluss vom heutigen Tage hat die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Fulda das Verfahren gegen eine 52jährige Angeklagte im Zusammenhang mit einem im Januar 2018 stattgefundenen erweiterten Suizid eingestellt. Die Einstellung nach § 153 StPO erfolgte mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft, der Angeklagten und ihres Verteidigers, da die Schuld der Angeklagten im Falle einer Verurteilung als gering anzusehen gewesen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht.
Der Angeklagten war zur Last gelegt worden, am 02.01.2018 im Zuge eines geplanten erweiterten Suizids im Einvernehmen mit ihrem Ehemann ihren gemeinsamen 16-jährigen Sohn durch Beibringung von Propofol und eines Beruhigungsmittels zu Tode gebracht zu haben. Grund hierfür soll die ärztliche Diagnose einer Störung des Sozialverhaltens des Sohns, verbunden mit der Empfehlung einer familienexternen Unterbringung gewesen sein. Der Sohn der Angeklagten soll nach der Anklage aufgrund seines allgemeinen Reifegrads und der mit seiner psychiatrischen Erkrankung verbundenen Einschränkungen nicht in der Lage gewesen sein, die volle Tragweite seiner Entscheidung für einen Suizid zu übersehen und angemessen abzuwägen. Dies soll die Angeklagte auch billigend in Kauf genommen haben, weswegen ihr ein Totschlag zur Last gelegt wurde. Während Ehemann und Sohn starben, überlebte die Angeklagte, da sie sich mit der benötigten Gesamtmenge des Propofols verkalkuliert haben soll.
Die Strafkammer hat ihren Vorschlag, dass Verfahren einzustellen, im Wesentlichen damit begründet, dass nach dem vorläufigen Ergebnis der Beweisaufnahme das Tatgeschehen in rechtlicher Hinsicht auch als Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) oder fahrlässige Tötung (§ 222 StGB) gewertet werden könne. Zu Gunsten der Angeklagten wäre im Falle einer Verurteilung nach Auffassung der Kammer insbesondere zu berücksichtigen gewesen, dass sie die von Beginn an gestandene Tat aus Verzweiflung sowie Ausweglosigkeit und aus Liebe zu ihrem Sohn begangen habe, für welchen sie über 16 Jahre alle persönlichen Kräfte aufgebracht habe. Hinzu komme, dass das Tatgeschehen mittlerweile rund 5 ½ Jahre zurückliege, die nicht vorbestrafte Angeklagte durch das Erlebte psychisch schwer belastet sei sowie, dass sie sich trotz bestehender gesundheitlicher Probleme dem Verfahren gestellt habe. Umstände, die bei einer Verurteilung zu Lasten der Angeklagten zu berücksichtigen gewesen wären, waren für die Kammer nicht ersichtlich, so dass angesichts dieser Gesamtumstände die Schuld der Angeklagten als gering anzusehen sei. Diesen Erwägungen haben sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung angeschlossen.