Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Ausschöpfung der Berufungsbegründungsfrist

Nr. 69/2025

Schöpft der Prozessbevollmächtigte eines Klägers im Eilverfahren die Berufungsbegründungsfrist vollständig aus, kann dies die Dringlichkeit des Antrags widerlegen. Dies gelte jedenfalls, wenn kein Sachverhalt dargelegt werde, der die Fristausschöpfung nachvollziehbar erscheinen ließ, hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichtem Beschluss entschieden.

Beide Parteien sind in der Fitnessbranche tätig. Im Rahmen eines Webinars am 11.7.2025 äußerte sich der Beklagte u.a. über sein eigenes Unternehmen und sein Verhältnis zum Kläger. Dabei erklärte der Beklagte nach einer Vorstellung seiner neuen Geschäftspartner zu der beendeten Zusammenarbeit mit dem Kläger u.a., dass er das Verhalten des Klägers als „kriminell“ empfinde. Das Landgericht hatte den hinsichtlich dieser Aussage im Eilverfahren durch den Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch zurückgewiesen.

Die hiergegen eingelegte Berufung hatte vor dem zuständigen 3. Zivilsenat des OLG keinen Erfolg. Dabei könne offenbleiben, so der Senat, ob dem Kläger der Sache nach ein Anspruch auf Unterlassung zustehe. Der Kläger habe diesen Anspruch jedenfalls nicht mit der für ein Eilverfahren gebotenen Dringlichkeit verfolgt. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Partei das Verfahren mit dem nötigen Nachdruck verfolge und damit ihr Interesse an einer dringlichen Rechtsdurchsetzung in einem Eilverfahren dokumentiert habe, sei ihr gesamtes prozessuales und vorprozessuales Verhalten in den Blick zu nehmen. 

Hier habe der Kläger das Berufungsverfahren „zögerlich“ betrieben. Er habe zwar den zurückweisenden Beschluss des Landgerichts zeitnah innerhalb von acht Tagen angegriffen. Er habe aber „noch ganze 7 Wochen mit der Erstellung bzw. der Einreichung der Berufungsbegründung zugewartet“, betonte der Senat heraus. Zwar sei es prozessual grundsätzlich nicht zu beanstanden, eine Frist – wie hier – nahezu vollständig auszuschöpfen. Die Frage, innerhalb welcher prozessualen Fristen ein Rechtsmittel eingelegt und begründet werden müsse, sei jedoch von der Frage zu trennen, innerhalb welcher Zeit ein Kläger im Verfügungsverfahren tätig werden müsse, um nicht durch sein eigenes Verhalten die Vermutung der Dringlichkeit zu widerlegen. Beides habe unmittelbar nichts miteinander zu tun.

Der Kläger habe hier „jegliche Grenzen in Bezug auf Verfahrensverzögerungen, die schädlich zur Bejahung der besonderen Eilbedürftigkeit seien, überschritten“. Das Eilverfahren kennzeichne seine besondere Eilbedürftigkeit. Deshalb könne „eine entsprechende Priorisierung gegenüber jeglichen sonstigen Aufgaben und Angelegenheiten von allen Verfahrensbeteiligten erwartet werden“, führte der Senat weiter aus. Dieser Erwartung habe das Vorgehen des Prozessbevollmächtigten hier nicht entsprochen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das vorliegende Verfahren keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufgewiesen habe. Mit 100 Seiten sei der Aktenumfang eher unterdurchschnittlich und vom Sachverhalt her überschaubar. Mit sechs Seiten sei auch das erstinstanzliche Urteil ausgesprochen kurz. Die Hauptargumentation des Klägers finde sich zudem bereits in der Antragsschrift. Allein der Verweis des Prozessbevollmächtigten auf „Arbeitsüberlastung“, „Koordination von Mandanten“ und „sorgfältige Prüfung rechtlicher Argumente“ genüge nicht. Es fehle an einer nachvollziehbaren Darstellung, warum die Erstellung der Berufungsbegründung hier sieben Wochen gedauert habe.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 14.10.2025, Beschluss vom 3.11.2025, Az. 3 U 97/25
(vorausgehend LG Frankfurt am Main, Urteil vom 11.8.2025, Az. 2-11 O 65/25)

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