Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Bedrohung mit einem Verbrechen

Bedrohung mit einem Verbrechen durch Übersendung eines Auszugs aus dem Märchen „Die Gänsemagd“ ist strafbar.

Lesedauer:4 Minuten

Nr. 35/2023

Eine strafbare Bedrohung mit einem Verbrechen (§ 241 Abs. 2 StGB) - hier Totschlag - kann darin liegen, eine E-Mail mit einem entsprechenden Auszug aus einem Märchen (hier: Die Gänsemagd) an den Empfänger zu versenden. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichtem Beschluss die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts verworfen. 

Der Angeklagte ist Facharzt für forensische Psychiatrie und Mitglied der kassenärztlichen Vereinigung Hessen. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts korrespondierte er mit einer Mitarbeiterin der kassenärztlichen Vereinigung per E-Mail über die Regelungen zur Nutzung eines Videodiensteanbieters für Video-Sprechstunden und geriet dabei mit ihr in Meinungsverschiedenheiten. Nachdem er sich in mehreren E-Mails über die Bedeutung ihres Nachnamens geäußert hatte, schickte er ihr im Dezember 2021 ein Mail, in der es u.a. hieß: Die falsche Magd, kommt Ihnen da was bekannt vor? In Ihrem Trauerspiel bin ich so etwas wie der „Alte König“ und helfe Ihnen gern mal auf die Sprünge: „Welches Urteils ist diese würdig?“ Da sprach die falsche Braut: „Die ist nichts Besseres wert, als dass sie splitternackt ausgezogen und in ein Fass gesteckt wird, das inwendig mit spitzen Nägeln geschlagen ist; und zwei weiße Pferde müssen vorgespannt werden, die sie Gasse auf Gasse ab zu Tode schleifen.“ – „Das bist Du“, spart der alte König, „und hast Dein eigen Urteil gefunden, und danach soll Dir widerfahren.“ Habe die Ehre (Name des Angeklagten).

Das Amtsgericht sprach den Angeklagten wegen der Bedrohung mit einem Verbrechen schuldig. Er habe die Mitarbeiterin - bildlich mit einem Märchen gesprochen - vorsätzlich mit dem Tod bedroht. Dies habe die Mitarbeiterin - auch vor dem Hintergrund der bisherigen Kommunikation mit dem Angeklagten - ernst genommen. Sie habe ihren Arbeitgeber veranlasst, dass ihr keine E-Mails von dem Angeklagten mehr weitergeleitet würden. In dem Urteil des Amtsgerichts wurde der Angeklagte verwarnt und eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen vorbehalten.

Die hiergegen vom Angeklagten eingelegte (Sprung-)Revision hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das OLG verwarf die Revision als offensichtlich unbegründet, da die Überprüfung des amtsgerichtlichen Urteils keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben habe.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 4.5.2023, Az. 7 ORs 10/23

Erläuterungen:

§ 241 StGB Bedrohung

(1) ...

(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 212 StGB Totschlag

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) ...

§ 12 StGB Verbrechen und Vergehen

(1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.

(2) ...

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