Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Erlöse aus einem untauglichen Versuch des Insiderhandels unterliegen ebenfalls der Einziehung

Nr. 53/2024

Auch wenn ein Täter in der tatsächlich irrigen Annahme, über Insiderinformationen zu verfügen, Wertpapiere erwirbt und anschließend weiterverkauft, unterliegt der gesamte Erlös aus dem Verkauf der Einziehung, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichtem Beschluss.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Angeklagten wegen des Vorwurfs, insgesamt 154 Insidergeschäfte getätigt zu haben. Der Angeklagte soll als Mitarbeiter der Deutsche Börse AG kurz vor deren Veröffentlichung Kenntnis von 154 Ad-hoc-Mitteilungen erhalten haben. Noch bevor diese bekannt gegeben wurden, soll er über das in seiner Verfügungsgewalt stehende Depot seiner Ehefrau Aktien und/oder Derivate gekauft und nach Veröffentlichung verkauft haben. Die den Käufen zugrundeliegenden Ad-hoc Mitteilungen hätten bei rund 1/3 der Fälle tatsächlich Insiderinformationen beinhaltet. Der Angeklagte soll die Käufe aufgrund der - teilweise irrigen - Annahme getätigt haben, über Insiderinformationen zu verfügen.

Zur Sicherung der Einziehung des aus der Tat Erlangten ist durch Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main Vermögen des Angeklagten in Höhe von knapp 1,3 Mio. € durch Arrest vorläufig gesichert worden. Dies entspricht dem Wert der vom Angeklagten weiterveräußerten Finanzinstrumente zum Zeitpunkt des Verkaufs. Gegen den Arrest richtet sich die Beschwerde des Angeklagten. Sie hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Voraussetzungen für die Anordnung eines Vermögensarrestes lägen vor, bestätigte der zuständige 7. Strafsenat die angefochtene Entscheidung.

Es bestehe der dringende Verdacht, dass der Angeklagte in 154 Fällen Insidergeschäfte getätigt habe. Dies folge unter anderem aus seinen geständigen Angaben. Eine Schnellprüfung der BaFin durch Vergleich der Standardabweichung der logarithmierten Renditen bestätige dies.

Es sei auch die Annahme begründet, dass der Angeklagte durch die Taten etwas der Einziehung Unterliegendes erlangt habe - hier die erworbenen Finanzinstrumente. Erfasst würden sowohl die Fälle, in denen tatsächlich Insiderinformationen dem Erwerb zugrunde gelegen hätten, als auch die Fälle, in denen der Angeklagte dies nur irrig angenommen habe. Auch der - hier untaugliche - Versuch des Insiderhandels stelle eine rechtswidrige Tat im Sinne der Einziehungsvorschriften dar. Grundsätzlich genüge für die Einziehung als Anknüpfungstat eine versuchte Tatbegehung. Die Taten seien hier - gleich ob versucht oder vollendet - ursächlich für die Kaufentscheidung gewesen. Damit beruhe der Vermögensvorteil auf der strafbewehrten Handlung dem - teilweise nur versuchten - Insiderhandel. Da die Wertpapiere wegen des Weiterverkaufs nicht mehr eingezogen werden könnten, unterliege der durch den Verkauf erzielte Erlös der Einziehung. Hiervon seien keine Abzüge vorzunehmen. Das Gesetz sehe für alle „bewusst und willentlich“ für die Tat getätigten Aufwendungen ein Abzugsverbot vor. Etwaige unbillige Härten sollten nach dem Willen des Gesetzgebers im Ermittlungs- und Erkenntnisverfahren außer Betracht bleiben und in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden, begründet das OLG seine Entscheidung.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 25.7.2024, Az. 7 Ws 253/23

Erläuterungen:

§ 73 StGB Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern

  1. Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
  2. (...)

§ 73d StGB Bestimmung des Wertes des Erlangten; Schätzung

(1) 1Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. 2Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

§ 111e StPO Vermögensarrest zur Sicherung der Wertersatzeinziehung

  1. 1Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, so kann zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden. 2Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll der Vermögensarrest angeordnet werden.
  2. (...)

§ 119 WpHG Strafvorschriften

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine in § 120Öffnet sich in einem neuen Fenster Absatz 2Öffnet sich in einem neuen Fenster Nummer 3 oder Absatz 15Öffnet sich in einem neuen Fenster Nummer 2 bezeichnete vorsätzliche Handlung begeht und dadurch einwirkt auf

(3) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EU) Nr. 596/2014Öffnet sich in einem neuen Fenster des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (MarktmissbrauchsverordnungÖffnet sich in einem neuen Fenster) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EGÖffnet sich in einem neuen Fenster des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1; L 287 vom 21.10.2016, S. 320; L 306 vom 15.11.2016, S. 43; L 348 vom 21.12.2016, S. 83), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2016/1033Öffnet sich in einem neuen Fenster (ABl. L 175 vom 30.6.2016, S. 1) geändert worden ist, verstößt, indem er

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