Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Kein Vorschussanspruch des Landes Hessen gegen Vermieter wegen großflächiger Innenputzschäden

Nr. 55/2025

Das mietende Land Hessen kann von der verklagten Vermieterin keinen Vorschuss zur Beseitigung von großflächigen Innenputzschäden verlangen. Die vertragliche sog. „Dach und Fach Klausel“ weise dem Land die Instandsetzungspflicht für den Innenputz zu, so dass das Land nicht gut 10 Mio. € von der Beklagten beanspruchen könne, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit heute veröffentlichtem Urteil.

Das klagende Land Hessen verkaufte im Zuge einer größeren Immobilientransaktion mehrere landeseigene Immobilien an die Rechtsvorgängerin der Beklagten und mietete sie gleichzeitig für die Dauer von 30 Jahren zurück. Das Land verlangt hier von der Beklagten eine Vorschusszahlung für die Beseitigung großflächiger Putzschäden im Mietobjekt „Am Rosengarten“ in Fulda. Nach dem zugrundeliegenden Mietvertrag ist der Vermieter für die Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache an „Dach und Fach“ auf seine Kosten verpflichtet; im Übrigen trifft den Mieter die Instandsetzungspflicht. Seit dem Jahr 2009 lösten sich am streitigen Objekt an tragenden Wänden und Geschossdecken Beton und Putz ab.

Das Landgericht hatte die auf Zahlung eines Vorschusses in Höhe von gut 10 Millionen € für die Beseitigung großflächiger Putzschäden gerichtete Klage zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem zuständigen 14. Zivilsenat des OLG keinen Erfolg. Das Land habe keinen Anspruch auf Zahlung von rund 10 Millionen €, bestätigte der Senat die angefochtene Entscheidung. Grundsätzlich treffe zwar die Beklagte als Vermieterin die Instandsetzungspflicht, also die Verpflichtung, den vertrags- und ordnungsgemäßen Zustand der Mietsache wieder herzustellen. Hier sei jedoch das Land für die Sanierung verantwortlich. Das Land habe mietvertraglich die Instandsetzungsverantwortung für den Innenputz übernommen. Der Mietvertrag enthalte eine vom Gesetz abweichende Regelung. Demnach sei die Beklagte nur für die Instandsetzung an „Dach und Fach“ verantwortlich. Die hier streitigen großflächigen Putzablösungen an tragenden Wänden und Decken fielen nicht unter diese Klausel. Bei der gebotenen Auslegung der Klausel komme insbesondere der im Mietvertrag enthaltenen näheren Definition des Begriffes „Fach“ Bedeutung zu. Dem Bereich „Fach“ würden demnach einerseits konstruktive Teile und andererseits solche Teile, die der Funktionsfähigkeit dienten und die Benutzbarkeit der Mietsache ausmachten, zugeordnet. Der Innenputz werde an keiner Stelle explizit erwähnt. Bei interessengerechter Auslegung könne der Putz als „Überzug aus Mörtel auf Wand- und Deckenflächen“ nicht als konstruktiver Teil des Gebäudes angesehen werden. Er werde lediglich auf die tragenden Innenwände und Geschossdecken aufgebracht. Für dieses Verständnis spreche auch, dass der Außenputz an der Fassade ausdrücklich in der Klausel erwähnt und insoweit die Instandsetzungsverpflichtung der Beklagten auferlegt werde; zum Innenputz finde sich dagegen keine Regelung.

Eine weitere Beweiserhebung sei nicht veranlasst. Die Auslegung der Klausel stelle eine von den Richtern zu klärende Rechtsfrage dar. Soweit das Land eine Verkehrssitte behaupte, wonach die streitige Klausel auch den Innenputz mitumfasse, habe es keine konkreten Tatsachen für eine derartige Transaktionspraxis und daraus folgende Verkehrssitte vorgetragen. 

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision vor dem BGH begehrt werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.10.2025, Az. 14 U 103/20
(vorausgehend Landgericht Fulda, Urteil vom 12.2.2020, Az. 4 O 181/19)

Die Entscheidung ist in Kürze unter www.rv.hessenrecht.hessen.deÖffnet sich in einem neuen Fenster abrufbar.

Schlagworte zum Thema