Nr. 80/2025
„Im November wurden die neuen, sehr funktionalen Räumlichkeiten des Commercial Court in der Konrad-Adenauer-Straße im festlichen Rahmen mit einer anregenden Podiumsdiskussion eröffnet. Der Eingang der ersten Verfahren zeigt, dass dieser weitere Baustein im System der Streitbeilegungsmöglichkeiten von den Rechtssuchenden angenommen wird“, leitete Präsident Dr. Alexander Seitz seinen diesjährigen Jahresrück- und -ausblicks ein.
„Die Entwicklung der Zahlen im Rechtsprechungsbereich ist überwiegend positiv“, führte Präsident Dr. Seitz weiter aus. Die durchschnittliche Verfahrenslaufzeit für die Erledigung der Zivilberufungen ist mit knapp 16 Monaten leicht rückläufig (hochgerechnet 2025; 17 Monate im Jahr 2024). Dabei wurden 2025 hochgerechnet 4.684 Berufungen erledigt (2024: 5.465) bei insgesamt leicht gestiegenen Eingangszahlen (hochgerechnet 2025: 4070, 2024: 3.985).
Die Zahl der Haftprüfungen 2025 mit hochgerechnet rund 670 Verfahren gegenüber 2024 (592) ist dagegen deutlich angestiegen. Mit hochgerechnet 193 Eingängen sind die strafrechtlichen Revisionen 2025 leicht rückläufig gegenüber 255 im Jahr 2024 bei einer leicht über den Vorjahreszahlen liegenden Erledigungsquote (hochgerechnet 2025: 254, 2024: 245). Die durchschnittliche Verfahrensdauer hat sich geringfügig von 2,5 auf 3 Monate erhöht. Die Zahl der Bußgeldverfahren bewegt sich weiterhin auf einem hohen Stand mit 1142 (2024: 1040).
Im Familienbereich konnte die durchschnittliche Verfahrensdauer leicht gesenkt werden auf hochgerechnet 5,4 Monate (2024: 6 Monate). Mit hochgerechnet 1.617 Verfahren wurden im Jahr 2025 zudem mehr Verfahren als im Vorjahr (2024: 1.536) erledigt bei einer steigenden Zahl an Verfahrenseingängen auf hochgerechnet 1.656 (2024: 1.506).
Nach dem deutlichen Auslaufen der Dieselverfahren belasten das OLG derzeit Massenverfahren schwerpunktmäßig im Bereich von Verstößen gegen die DSGVO und Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit Spiel- und Sportwetten jeweils in einer Größenordnung von rund 400 Berufungen.
„Zum 1.1.2026 werden alle Rechtsprechungsbereiche des OLG - mit Ausnahme des Staatsschutzes - mit der elektronischen Akte arbeiten“, führte Präsident Dr. Seitz weiter aus. „Seit Mitte November 2025 haben als letztes auch die Strafsenate die elektronische Aktenbearbeitung aufgenommen. Nun gilt es, Arbeitsweisen und ablauforganisatorische Prozesse zu überdenken und zu optimieren sowie die EDV an zwingende Anforderungen anzupassen, um zukünftig die Vorteile einer digitalen Aktenbearbeitung umfassend nutzen zu können.“
Der Staatsschutzbereich ist seit Jahren hochbelastet. Im Oktober 2025 wurde Duygu D. rechtskräftig wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland („IS“) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. In dem seit Juni 2024 durchgeführten Staatsschutzverfahren gegen neun Angeklagte u.a. wegen des Vorwurfs der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens wurden zwischenzeitlich 103 Sitzungstage durchgeführt und 20 Zeugen vernommen. Der Senat hat zurzeit Termine bis Anfang 2027 angesetzt. Seit dem 9.12.2025 wird zudem ein Staatsschutzverfahren wegen des Vorwurfs der geheimdienstlichen Agententätigkeit in einem besonders schweren Fall gegen drei Angeklagte geführt. Ihnen wird vorgeworfen, im Auftrag eines russischen Geheimdienstes einen Mann zu dem Zweck weiterer geheimdienstlicher Operationen - möglicherweise bis zur Tötung der Zielperson - ausgespäht zu haben. Es sind zurzeit Termine bis zum Frühjahr 2026 angesetzt. Am 6.3.2026 beginnt eine weitere Hauptverhandlung wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland („IS“); derzeit sind fünf Fortsetzungstermine angesetzt. In dem selbständigen Einziehungsverfahren wegen eines nach dem Außenwirtschaftsgesetz strafbaren versuchten Embargo-Verstoßes wurde im Herbst 2025 das Hauptverfahren eröffnet. Die Hauptverhandlung soll voraussichtlich ab Sommer 2026 - ebenso wie ein weiteres Verfahren wegen des Vorwurfs der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland („IS) - beginnen. Im Zwischenverfahren befinden sich derzeit noch eine Anklage wegen des Vorwurfs der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der „PKK“ sowie zwei weitere Verfahren wegen des Vorwurfs der Unterstützung des „IS“ durch Geldzahlungen. Weitere Anklagen für 2026 wurden sowohl durch den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof als auch die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main angekündigt.
„Der Umbau geht mit schnellen Schritten voran“, führte Präsident Dr. Alexander Seitz weiter aus. In dem zum OLG benachbarten Gebäude Z ist der Rohbau nahezu fertiggestellt. 2026 sollen im Wesentlichen die Innenausbauarbeiten wie Putz-, Trockenbau-, Estrich-, Decken-, Bodenbelags- und Malerarbeiten sowie alle Arbeiten der Haustechnik durchgeführt werden. Im Außenbereich sollen der Fenstereinbau, Fassadenarbeiten, Dachabdichtungsarbeiten und Herstellung der Hausanschlüsse erfolgen und die ersten Arbeiten an den Außenanlagen beginnen. „Wir hoffen, dass 2027 der ersehnte Rückumzug unserer Kolleginnen und Kollegen aus der derzeitigen Außenstelle in Niederrad erfolgen kann, so dass unser Gericht schon bald wieder an einem Standort zusammenarbeiten kann“, ergänzte Präsident Dr. Seitz weiter.
„Die Nachwuchsgewinnung im nichtrichterlichen Dienst bleibt eine zentrale Herausforderung. Um dem demographischen Wandel und der arbeitsmarktbedingten Fluktuation entgegenzuwirken, hat das OLG seine Ausbildungsmaßnahmen verstärkt. Es wurde u.a. ein weiterer Ausbildungsstandort in Frankfurt am Main, der sog. Campus Süd, eingerichtet. Das OLG kommt damit schon in der Ausbildung den Bedürfnissen der Bewerberinnen und Bewerbern aus Südhessen und dem Rhein-Main-Gebiet mit dem Angebot eines heimatnahen Ausbildungsplatzes entgegen. Ab September 2026 werden ca. 60 Anwärter in zwei Klassen dort ihre theoretische Ausbildungszeit zur Justizfachwirtin und zum Justizfachwirt absolvieren können. Heimatnahe Arbeitsplätze werden auch mit dem weiteren Projekt eines zentralen Registergerichts in Nordosthessen geschaffen. Ungefähr 100 Arbeitsplätze hauptsächlich aus dem Bereich der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sowie des mittleren Dienstes werden auf diesen neuen Standort verlagert werden, so dass diese Bediensteten sich zukünftig lange Fahrtwege ersparen. Diese Maßnahme „bringt die Arbeit zu den Menschen““, unterstrich Präsident Dr. Seitz.
„Alle Bediensteten des OLG haben im vergangenen Jahr mit täglichem und unermüdlichem Einsatz zum reibungslosen Funktionieren des OLG als einem komplexen und sich ständig verändernden Gebilde beigetragen. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch das kommende Jahr gemeinsam gut meistern werden“, schloss Präsident Dr. Seitz den Jahresrück- und -ausblick.