Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Verpasster Flug nach PKW-Anreise zum Flughafen

Keine Eintrittspflicht der Reiserücktrittsversicherung bei verpasstem Flug nach PKW-Anreise zum Flughafen ohne Sicherheitspolster

Bei der Anreise zum Flughafen ist sowohl für Verzögerungen bei den Kontrollen als auch infolge der allgemeinen Risiken des Straßenverkehrs grundsätzlich ein Sicherheitspolster einzurechnen. Verpasst ein Fluggast nach Vollsperrung einer Straße seinen Flug (hier: nach Hawaii), ohne ein angemessenes Sicherheitspolster eingerechnet zu haben, besteht kein Anspruch auf Leistungen aus einer Reiserücktrittsversicherung, führte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) in einem heute veröffentlichten Beschluss aus.

Die Klägerin buchte eine Reise nach Hawaii für den Sommer 2023. Der Abflug sollte vom Flughafen Hamburg aus um 6:45 Uhr erfolgen. Zugleich schloss die Klägerin bei der Beklagten eine Reiserücktrittsversicherung ab. Danach waren der Ersatz von Reise- und Unterkunftskosten, wenn es notwendig und unvermeidbar ist, dass der Versicherungsnehmer die Reise aus bestimmten Gründen stornieren und verschieben muss, bis zu einem Betrag von 6500 € pro Person versichert. Die Klägerin fuhr am Reisetag um 4.00 Uhr morgens in Kiel mit einem Mietwagen los. Infolge eines Unfalls kam es zur Vollsperrung einer von ihr zu nutzenden Teilstrecke, die über zwei Stunden dauerte. Die Klägerin erreichte erst um 6.30 Uhr den Flughafen und konnte den Flug nicht mehr antreten. Sie begehrte nun von der beklagten Versicherung Erstattung der ihr durch den verspäteten Reiseantritt entstandenen Mehrkosten in Höhe von rund 9.000,00 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Die hiergegen eingelegte Berufung hielt auch der zuständige 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts für unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der durch den verspäteten Reiseantritt verursachten Mehrkosten, bestätigte der Senat das angefochtene Urteil.

Die Verschiebung des Reiseantritts sei nicht „unvermeidbar“ im Sinne der Regelungen des Versicherungsvertrages, begründete der Senat. Unvermeidbar seien Umstände, „wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären“. Dies sei hier nicht der Fall. Die Klägerin hätte es durch Einplanung eines „entsprechenden Zeitpuffers“ in Händen gehabt, rechtzeitig am Flughafen anzutreffen. Grundsätzlich müsse jeder Passagier einen ausreichenden Zeitpuffer für die Sicherheits- und Passkontrollen am Flughafen einkalkulieren. Auf Verzögerungen u.a. bei den Kontrollen müsse sich jeder Fluggast einstellen und Wartezeiten einkalkulieren. Entsprechend würden Fluggesellschaften und Flughafenbetreiber empfehlen, 2-3 Stunden vor dem Abflug am Flughafen zu erscheinen.

Soweit die Klägerin zwar eingeplant hatte, ca. zwei Stunden vor dem Abflug am Flughafen Hamburg zu sein, habe sie etwaige Verzögerungen etwa durch einen Unfall auf der Strecke nicht einkalkuliert. Ohne Erfolg berufe sie sich darauf, dass sie um die Uhrzeit und auf dieser Strecke mit einer Verzögerung nicht habe rechnen müssen. Gerade schwere Unfälle mit einem Stau der nachfolgenden Personenkraftwagen seien jedoch ein generelles Risiko im Straßenverkehr. Es wäre ihr mithin zumutbar gewesen, bei der Planung ihre Anreise ein angemessenes Sicherheitspolster für unvorhergesehene Verzögerungen aufzuschlagen. Dies gelte in besonderer Weise, da sie einen Mietwagen nutzte und diesen habe abgeben müssen. Bei „Beachtung eines minimalen Sicherheitspolsters von 15 Minuten“ hätte sie hier die Unfallstelle noch vor dem Unfall passieren und den Flug wahrnehmen können.

Die Klägerin hat nach einem Hinweisbeschluss des Senats ihre Berufung zurückgenommen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 9.9.2025, Az. 3 U 81/24
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.7.2024, Az. 2-08 O 151/24)

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